Wie weit sind Erben auskunftspflichtig, wenn es um die Berechnung des Pflichtteils geht?

Wenn ein Erblasser verfügt, dass seine leiblichen Kinder enterbt werden sollen, haben diese ein Anrecht darauf, dass der Erbe detailliert und auf zehn Jahre rückwirkend über die Vermögensverhältnisse des Erblassers und auch Schenkungen von diesem Auskunft gibt, denn ohne diese Angaben kann der korrekte Pflichtteil nicht errechnet werden.

Dies war der Fall in einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Stuttgart (AZ 19 W 78/15, Beschluss vom 26.01.2016):

Ein Pflichtteilsberechtigter verlangte von einem Alleinerben detaillierte Auskunft über das ererbte Vermögen, denn dieser gab an, dass kein Vermögen vorhanden sei.
Der Pflichtteilsberechtigte zweifelte an dieser Aussage, denn der Erblasser hatte monatlich etwa 1.700 Euro an Einkünften erzielt. So lag die Vermutung nahe, der Erblasser habe das Geld zu Lebzeiten vielleicht an eine außenstehende Person verschenkt.
Nun verlangte der Pflichtteilsberechtigte vom Erben, er solle die Kontoauszüge des Erblassers aus den letzten zehn Jahren vorlegen. Der Erbe verweigerte dies, da die Kontoauszüge nicht mehr existierten und die Bank für Kopien der Auszüge 1.500 Euro Gebühren verlangte. Gleichzeitig ermächtigte er aber den Pflichtteilsberechtigten, selbst bei der Bank die Auskünfte einzuholen. Damit gab sich dieser nicht zufrieden und beantragte beim Landgericht die Zwangsvollstreckung gegen den Erben. Er bekam Recht, worauf der Erbe Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegte.

Die Richter des Oberlandesgerichts wiesen die Beschwerde zurück und gaben erneut dem Pflichtteilsberechtigten Recht: Der Erbe sei verpflichtet, Auskunft über die Vermögensverhältnisse der letzten zehn Jahre zu geben, denn ohne diese hätte der Pflichtteilsberechtigte keine Chance, seine rechtmäßigen Ansprüche gegenüber Beschenkten geltend zu machen. Die Nachforschungen bei der Bank seien dem Erben im Rahmen seiner Auskunftsverpflichtung durchaus zumutbar, er müsse Kontoauszüge, Sparbücher und andere Bankunterlagen der letzten 10 Jahre einsehen und eventuelle Zahlungsempfänger ausfindig machen. Zusätzlich sei der Erbe verpflichtet, im Familien- und Bekanntenkreis des Erblassers nachzuforschen, ob jemand dort in den letzten zehn Jahren Geldzuwendungen erhalten hatte.
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